„Es gleichen sich keine zwei Reisen, selbst wenn sie den selben Weg entlangführen“ (Paolo Coelho)
Ich denke diesem Zitat werden die meisten zustimmen. Aber wie ist es, wenn man das Zitat abwandelt: Es gleichen sich keine zwei Tage, keine zwei Stunden, keine zwei Minuten, keine zwei Momente, selbst wenn wir genau dasselbe tun?
Reisen sind etwas Abenteuerliches, das außerhalb des Alltags stattfindet. Sie sind oft verbunden mit größerer Wachheit, Offenheit oder der inneren Erlaubnis mal andere Schwerpunkte zu setzen.
Wieso wird der Alltag, wenn er doch die gleichen Voraussetzungen mitbringt, von vielen immer wieder als eintönig, gleichförmig oder unbefriedigend erlebt?
Oder als fremdbestimmte Zeit der Pflichterfüllung?
Oder ist mit dem Gefühl verbunden, dass das Leben einfach vorbeizieht und die Zeit rast?
Und wieso braucht es im Gegenzug in der Freizeit soviele Reize, Ablenkung, immer wieder einen „neuen Kick“, um dieses Alltagsleben zu kompensieren, sich lebendig zu fühlen?
Meine These: Es fehlt die Achtsamkeit im Alltag, die jeden Moment als Abenteuer, als Raum voller Möglichkeiten erkennt, ihn uns mit allen Sinnen wahrnehmen und uns neugierig ins Leben schauen lässt. Ganz im Gegenteil verfallen wir in viele Routinen,mit denen wir unsere Aufgaben erledigen, die uns aber jegliches Bewusstsein für den Moment und seine Möglichkeiten berauben. Es ist nichts gegen Routinen zu sagen, sie sind eine Arbeitserleichterung, aber es kommt auf das Maß und einen bewussten Umgang an. Wenn wir einen Großteil unseres Lebens im Autopilot verbringen, wirkt das Leben natürlich fad, denn wir beteiligen uns ja nicht mehr daran, gestalten nicht mehr mit, lassen uns nicht mehr überraschen, sondern sind vielleicht sogar sauer über Unwegsamkeiten, die unsere routinierten Abläufe stören.
Lasst uns unseren Alltag zurück erobern und das Leben wieder als neugieriges Abenteuer sehen.
Wie kann das gelingen? In dem wir klein anfangen.
– Die Übung vom letzten Mal wieder aufgreifen und einfach drei Mal pro Tag innehalten, aus der Routine aussteigen und uns selbst wahrnehmen (s.u.)
– Damit beginnen die (Selbst)Wahrnehmung zu schulen, zu erweitern, zu verfeinern.
– Nach und nach unsere Sinne wieder einbinden. Was rieche ich, was schmecke ich, was höre ich, was sehe ich, was fühle ich in diesem Moment. Nutze z.B.die 5-4-3-2-1 Übung dazu (s.u.).
– Eine Alltagshandlung aus den Klauen der Routine befreien und sie ganz bewusst ausführen, sprich alles wahrnehmen, als ob du es zum ersten Mal tust oder z.B. das Spülen/ das Saugen eine unbekannte Reise wäre, auf die du dich neugierig und offen begibst.
So können wir unser Bewusstsein wieder in den Alltag holen und nach und nach ausdehnen. So nehmen wir wieder mit allen Sinnen teil an unserem Leben und fangen vielleicht auf neue Art an dieses zu gestalten.
Meine Angebote dienen alle der Achtsamkeit. Sowohl im Yoga, als auch in der Massage, im Raum zum Sein, beim Singen geht es darum wieder in die (Selbst)Wahrnehmung einzutauchen, ganz im Moment anzukommen – zu üben mit allen Sinnen da zu sein, wo wir sind.
Wer das ganze Thema „Achtsamkeit“ übrigens schon lange wunderbar, auch kindgerecht auf den Punkt gebracht hat, ist Michael Ende mit seinem Roman „Momo“. Momo lebt komplett im Moment und alle Menschen die ihr begegnen, kommen durch ihre Präsenz wieder in eine Wachheit für sich selbst, ihr Umfeld und für das Wesentliche im Leben oder werden zumindest stark irritiert (die grauen Herren). Momo ist mir ein großes Vorbild 😉
Bei den Yoga-Wanderungen (So 9.9. + Mi 3.10. Beginn jeweils 9:00 Uhr) laufe ich absichtlich immer den selben Weg, um auch hier das Bewusstsein zu schulen, den TeilnehmerInnen erfahrbar zu machen, dass der Weg niemals gleich ist, wenn wir unsere Sinne aufgehen lassen. Es wird anders riechen, die Pflanzen verändern sich, es wird anderes Licht sein, anderes Klima, eine andere Stimmung, andere Geräusche werden zu hören sein. Und natürlich sind wir selbst immer wieder anders, nehmen je nach Stimmung unterschiedlich wahr. So kann dieser Weg jedes Mal als neues „Abenteuer“ begangen werden. Aber nur, wenn wir uns dem öffnen, was da ist.
Bei der Freude am Singen (Fr 21.9. Beginn 20:00 Uhr) ist es auch jedes Mal spannend, wie die Stimmung der TeilnehmerInnen ist, wie sich das Miteinander an diesem Abend gestaltet, welche Lieder ausgewählt werden, wie die Stimmen zusammenschwingen, wieviel Mut zum Experimentieren da ist. Jedes Mal ein Abenteuer, das aus dem Moment heraus entsteht.
Und auf dem Herbstfest der Kreml-Oase (So 23.9. 12:00 – 16:00 Uhr) könnt ihr neben dem Eintauchen in unsere Berührungszeiten auch folgendes erleben: Klangimprovisationen auf Hand-Pan, Steel- drum und Didgeridoo, Live-Musik unplugged mit ‚The Wonderfools’, Ausstellung der Bilder der Oasen-Malgruppe, Workshop Malen mit Pflanzenfarben und diverse Mitmachaktionen für Jung und Junggebliebene. Zum Abschluss besteht dann für die aller Jüngsten die Möglichkeit sich im Kultursaal das Kindertheater zum Weltkindertag anzuschauen: ‚Der kleine Georg und der Drache’ – ein Puppenspiel für Theaterfreunde ab 3 Jahren.
Vielleicht sehen wir uns bei dem einen oder anderen Angebot. Ich würde mich freuen!
Einen schönen Herbstbeginn wünsche ich euch und viele Momente der Achtsamkeit und Fülle
Kerstin
Information:
Alle Worte, die in diesem Newsletter unterstrichen sind, sind Links. Wenn du auf sie klickst, kommst du direkt auf die Homepage zu den entsprechenden Informationen.
Innehalten
Es geht darum mal eine Woche lang, 3x am Tag eine Minute innezuhalten und dich selbst wahrzunehmen. Ob im Sitzen, Stehen oder Liegen ist dir überlassen. Schau, ob es dir förderlicher ist die Augen zu oder auf zu haben, einen Wecker zu stellen oder frei zu üben. Wichtig ist dabei allen Impulsen, die dich antreiben wollen noch dies oder das zu tun, zu widerstehen. Diese Minute gilt dem Innehalten und der Selbstwahrnehmung. Eventuell kannst du sie noch mit bewusstem Atmen verbinden, da ein ruhiger, vertiefter Atem die Entspannung fördert. In einem trubeligen Alltag empfiehlt sich übrigens das „Stille Örtchen“ dafür 😉
Was hast du beim Innehalten über dich selbst erfahren? War das Innehalten angenehm oder fordernd? Waren die Minuten für dich lang oder kurz? Hatte das Innehalten einen Effekt auf „das Danach“? Hast du das Innehalten als Qualität mit gutem Effekt erfahren? Dann behalte es doch einfach bei 🙂
5-4-3-2-1 Übung
Die Übung kann überall gemacht werden, braucht keinen bestimmten Rahmen und die Dauer kann, je nachdem wie intensiv du dich einlässt, von einer Minute bis … dauern
Worum geht es?
Es geht darum über einzelne Sinne ganz in die Wahrnehmung des Momentes zu kommen. Wenn du z.B. merkst, dass du in Gedankenkreisen feststeckst oder emotional sehr aufgewühlt bist, kann die Übung dir helfen, deine Aufmerksamkeit wieder ins Hier und Jetzt zu holen. Dabei wird deinen Gedanken und Emotionen Kraft entzogen und ihnen wieder ein „angemessener“ Platz zugewiesen.
Aber auch einfach so, mit ausgeglichenen Voraussetzungen, empfinde ich die Übung als Genuß, denn sie macht auf schöne Weise wach für den Moment. Ich setzte mich dazu gerne in die Natur und fühle mich dann ganz verbunden mit allem und glücklich.
Wie soll das gehen?
Du nimmst dir einen Moment Zeit und sorgst dafür, dass du nicht gestört wirst. Und dann beginnst du mit dem bewussten Wahrnehmen. Nimm bewusst 5 Dinge wahr, die in deinen Blick fallen. Egal ob Details, Bewegungen, Farben, … Nimm bewusst 5 Geräusche wahr. Egal ob Aussengeräusche oder Geräusche in deinem Inneren (z.B. Atmung, Puls) Nimm bewusst 5 Dinge wahr, die du fühlen kannst. Z.B. den Stoff auf deiner Haut, Wärme, Atembewegung… Dann wiederhole die Übung mit je 4 Dingen. Dann mit jeweils 3-2-1 Dingen. Lass dich überraschen, ob du bei den Wiederholungen weitere Dinge wahrnimmst, deine Wahrnehmung sich verfeinert oder du einfach dieselben immer wieder neu wahrnimmst. Es gibt bei der Übung kein Richtig und Falsch, kein „Leistungs“-Ziel, sondern es geht ausschließlich darum in ein bewusstes Wahrnehmen zu kommen. Nach der Übung nimm mal neugierig wahr, wie sich „die Welt“ jetzt anfühlt. Ob und was sich bei dir verändert hat.